Polizei-Trojaner im Anmarsch

SPÖ und ÖVP haben sich darauf geeinigt, dass die Polizei künftig private Computer überwachen und auf die Festplatte zugreifen darf – ohne Wissen des Überwachten. Im Ministerrat wird dazu im eine gemeinsame Erklärung verabschiedet werden. Schon in einem Jahr sollen die ersten Polizei-Trojaner auf Datenjagd geschickt werden können. (Quelle: ORF.at)

Die „Online-Durchsuchung“ soll beim Verdacht auf Schwerverbrechen und solche mit terroristischem Hintergrund, für die ein Strafrahmen von mindestens zehn Jahren Freiheitsstrafe gilt, angewendet werden. Ein konkreter Tatverdacht muss vorliegen, ein Staatsanwalt muss sie anweisen und ein Richter genehmigen.

Neben der Sinnfrage und der Kritik am wachsenden Überwachungsstaat stellen sich mir zwei Fragen:

  1. Wie kann die Online-Durchsuchung so durchgeführt werden, dass auch vor Gericht verwendbare forensische Beweise gesammelt werden?
  2. Wie kann die Polizei Trojaner verwenden, wo doch gerade im sogenannten „Hacker-Paragraphen“ solche Werkzeuge verboten worden sind?
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Bundestrojaner und Online-Durchsuchungen

Nach Innenminister Günther Platter hat sich auch Tirols Landeshauptmann Herwig van Staa für Online-Durchsuchungen ausgesprochen. Beide Politiker möchten in ihren Kernaussagen unserer Polizei Chancengleichheit verschaffen.

Meiner Ansicht nach passiert dabei das selbe wie beim präventiven Mitlauschen des Internetverkehrs: Ein Stück Grundfreiheit des Bürgers wird geopfert. Die Freiheiten, die die Aufklärung und die Renaissance brachten, werden stückweise zurück gedrängt. An die Stelle der Unschuldsvermutung tritt der Generalverdacht.

Auch der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Karl Korinek, hat vor kurzem vor dem Eingriff in Grundrechte gewarnt. Er sieht sogar Ähnlichkeiten mit der Überwachung durch die Stasi in der ehemaligen DDR. Seit dem Jahr 1848 sind Grundrechte wie Briefgeheimnis, Fernmeldegeheimnis und Datenschutz in unserer Gesellschaft verankert, jetzt brechen diese immer mehr auf.

Aus meiner Praxis als gerichtlich zertifizierter Gutachter weiß ich, dass solche im Rahmen von „Online-Durchsuchungen“ über Trojaner gesammelten Daten ohnehin nicht als Beweismittel vor Gericht gültig sind. Ich glaube aber, man muss diesen Paradigmenwechsel an Beispielen klar machen:

  • In Zukunft können also Personengruppen wie Ärzte, Priester, Rechtsanwälte, Sozialarbeiter, Journalisten, Gutachter, … nicht mehr auf ihr Privatsphäre zählen, sondern müssen damit rechnen, dass ihre persönlichen Dokumente und ihre Korrespondenz überwacht und mitgehört wird.
  • Kriminelle und Terrorverdächtige werden sich hüten, über „normale“ Internetverbindungen oder unverschlüsselte Telefongespräche zu kommunizieren. Auch die Anschläge vom 11. September sind nicht mit High-Tech-Waffen, sondern mit einfachen Messern durchgeführt worden.